DionTech Allgemein,Softwareentwicklung Plattform-Hype: Muss jedes Team eine eigene „Plattform“ bauen? – Ein kritischer Blick

Plattform-Hype: Muss jedes Team eine eigene „Plattform“ bauen? – Ein kritischer Blick

0 Comments


Plattform – ein Begriff, der in der heutigen Softwareentwicklung allgegenwärtig scheint. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem vermeintlich innovativen Konzept? Und muss jedes Team eine eigene „Plattform“ bauen, um erfolgreich zu sein? In diesem Blogartikel beleuchten wir den Plattform-Hype kritisch und gehen folgenden Fragen auf den Grund:

1. Was ist eigentlich eine Plattform?

Ursprünglich habe ich den Begriff eher im Businesskontext vernommen, in Zusammenhang mit einer marktbeherrschenden Einheit mit Kontrolle über Daten und Infrastruktur.
Beispiele dafür sind:

Soziale Medien:

  • Facebook: Mit über 2 Milliarden aktiven Nutzern ist Facebook eine der größten Social-Media-Plattform der Welt. Sie hat immense Macht über die Art und Weise, wie Menschen Informationen erhalten und miteinander kommunizieren. Facebook wurde kritisiert für seinen Einfluss auf Wahlen, die Verbreitung von Fehlinformationen und die Verletzung der Privatsphäre.
  • YouTube: Mit über 2 Milliarden aktiven Nutzern ist YouTube eine der grössten Online-Videoplattform der Welt. Sie hat große Macht darüber, welche Informationen und Inhalte Menschen sehen. YouTube wurde kritisiert für die Verbreitung von Hassrede, Extremismus und die Monetarisierung von Gewalt.

Suchmaschinen:

  • Google: Google ist die dominierende Suchmaschine im Internet mit einem Marktanteil von über 90%. Es hat immense Macht darüber, welche Informationen Menschen online finden. Google wurde kritisiert für seine Datenerhebungspraktiken, seine Vorurteile in den Suchergebnissen und seine Macht über den Online-Werbemarkt.
  • Amazon: Amazon ist der größte Online-Händler der Welt mit einem Marktanteil von über 50% im US-amerikanischen E-Commerce-Markt. Es hat große Macht über die Preise, die Verfügbarkeit von Produkten und die Arbeitsbedingungen in der Logistikbranche. Amazon wurde kritisiert für seine monopolistische Stellung, seine Behandlung von Arbeitern und seinen Einfluss auf die Umwelt.

Mobile Betriebssysteme:

  • Android: Android ist das dominierende mobile Betriebssystem mit einem Marktanteil von über 70%. Es hat große Macht darüber, welche Apps und Dienste auf Smartphones und Tablets verfügbar sind. Google wurde kritisiert für seine Kontrolle über das Android-Ökosystem, die Vorinstallation von Google-Apps und die Einschränkung des Wettbewerbs.
  • iOS: iOS ist das zweitgrößte mobile Betriebssystem mit einem Marktanteil von über 20%. Es hat große Macht über die Art und Weise, wie Menschen ihre iPhones und iPads nutzen. Apple wurde kritisiert für seine geschlossene Plattform, die hohen Preise für seine Produkte und die Kontrolle über den App Store.

Es ist wichtig zu beachten, dass diese Beispiele nur einige der vielen Plattformen sind, die Größe, Dominanz und Macht aufweisen. Die Macht dieser Plattformen kann sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Es ist wichtig, sich dieser Macht bewusst zu sein und kritisch darüber nachzudenken, wie sie genutzt wird.

Heutzutage wird der Begriff jedoch inflationär verwendet. Jedes Team, das ein paar APIs und Tools zusammenbaut, scheint plötzlich seine eigene „Plattform“ zu haben. Beispiel: Ein internes Team, das eine Schnittstelle für die Mitarbeiterverwaltung entwickelt, betitelt diese oft als „Mitarbeiter-Plattform“.

2. Jedes Unternehmen hat eine „Plattform“?

Parallel zum Plattform-Hype hat sich der Begriff „DevOps“ etabliert. Dieser beschreibt jedoch eine Methodik für die Entwicklung und den Betrieb von Software, keine Plattform an sich. Häufig wird DevOps fälschlicherweise als Synonym für Plattform verwendet.

3. Warum der Hype um Plattformen und Platform Engineering?

Zwei Hauptgründe lassen sich für die inflationäre Verwendung des Begriffs „Plattform“ erkennen:

a) Marketing: Der Begriff „Plattform“ klingt modern, innovativ und attraktiv. Er lockt potenzielle Kunden und Investoren und hilft, eigene Lösungen besser zu vermarkten. Beispiel: Ein Start-up, das eine Datenanalyse-Plattform anbietet, kann mit diesem Begriff Investoren leichter überzeugen.

b) Beratung: „Platform Engineering“ ist ein lukratives Beratungsfeld. Unternehmen zahlen hohe Summen für Beratung und Implementierung vermeintlicher Plattformen. Beispiel: Ein Beratungsunternehmen kann seinen Kunden „Plattform-as-a-Service“-Lösungen anbieten und hohe Margen erzielen.

4. Unsere Herangehensweise: Feedbackorientiertes Arbeiten im Domain Driven Design

In unserem Team setzen wir auf einen feedbackorientierten Ansatz im Domain Driven Design (DDD), um die Anforderungen unserer Kunden bestmöglich zu erfüllen. Technisch nutzen wir dabei ein Serverless-First-Framework mit Test Driven Development (TDD) und Continuous Integration/Continuous Delivery (CI/CD) – ohne es eine Platform zu nennen. Im Vordergrund steht dabei immer das Lösen der Anforderung, nicht das Tool oder die Methodik an sich. Letztlich zählt nur die Zufriedenheit unserer Nutzer. Wir orientieren uns daher an ihren Bedürfnissen und wählen die Tools und Methoden, die ihnen den größtmöglichen Nutzen bringen. Unsere eigene Domäne ist dabei aber eben nicht das Verwalten von Hardware, Datenbanken, etc. – sondern das Konzentrieren auf die Business-Logik und das Schaffend es Mehrwertes, deshalb der Serverless First Ansatz.

Fokus auf Problemlösung und Mehrwert:

Im Zentrum unserer Arbeit steht die effektive und effiziente Lösung der Anforderungen unserer Kunden und Nutzer. Wir wählen Tools und Methoden nicht nach Trend oder Dogma, sondern nach ihrer Eignung, den gewünschten Mehrwert zu schaffen.

Software als Werkzeug für Mehrwertschaffung:

Jedes Tool und jede Methodik in unserem Entwicklungsprozess dient einem klaren Ziel: der Schaffung und Stabilisierung von Mehrwert für unsere Kunden und Nutzer.

Beispiel: Test Driven Development (TDD) und Mehrwert

In komplexen Softwareumgebungen setzen wir auf TDD, um die Komplexität zu beherrschen und gleichzeitig die Qualität und Stabilität der Software zu erhöhen. Dies führt zu einem schnelleren Bereitstellung von Mehrwert für die Nutzer und einem kürzeren Feedback-Zyklus.

CI/CD für kontinuierliche Mehrwertoptimierung:

Mittels CI/CD liefern wir Software-Inkremente in kleinen Schritten aus und erhalten so kontinuierliches Feedback vom Kunden und den Nutzern. Dies ermöglicht es uns, den Mehrwert der Software laufend zu optimieren und sicherzustellen, dass er den Bedürfnissen aller Beteiligten entspricht.

Feedbackorientiertes Arbeiten:

Feedback spielt eine zentrale Rolle in unserem Entwicklungsprozess. Durch die Einbeziehung aller Beteiligten in den Feedback-Zyklus identifizieren wir den besten Mehrwert für die Nutzer und Stakeholder und erkennen frühzeitig, ob die eingeschlagene Entwicklungsrichtung den richtigen Mehrwert generiert.

Fazit:

Die Schaffung von nachhaltigem Mehrwert durch Software erfordert eine tiefgründige Strategie, die über den Hype hinausgeht. Wir konzentrieren uns auf die Problemlösung und den Mehrwert für unsere Kunden und Nutzer, wählen die geeigneten Tools und Methoden und arbeiten feedbackorientiert, um den Mehrwert kontinuierlich zu optimieren.

5. Kritische Betrachtung des Plattform-Hypes

Der inflationäre Gebrauch des Begriffs „Plattform“ kann negative Folgen haben:

  • Verwirrung und Missverständnisse: Unternehmen und Teams verwenden den Begriff uneinheitlich, was zu Missverständnissen und Kommunikationsproblemen führen kann.
  • Innovation behindern: Der Fokus auf vermeintliche Plattformen kann Innovationen behindern, da starre Strukturen entstehen und neue Ideen ausgebremst werden können.
  • Unnötige Kosten: Die Implementierung und Wartung von Plattformen kann hohe Kosten verursachen, die nicht immer den Geschäftswert steigern.

6. Datensouveränität und Marktmacht

Der Begriff „Plattform“ sollte nicht nur im Hinblick auf die Größe und Marktmacht betrachtet werden, sondern auch im Kontext der Datensouveränität. Unternehmen müssen sorgfältig abwägen, ob sie eine eigene Plattform aufbauen oder ihre Daten an eine bestehende Plattform weitergeben möchten. In die Überlegung einfliessen kann der Gedanke an die Domänen – auf welche Domäne wird Wert gelegt, welche Domäne wird ausgelagert?

Beispiel: Ein Automobilhersteller könnte eine eigene Plattform aufbauen, um die von seinen Fahrzeugen gesammelten Daten zu nutzen, oder aber seine Daten an Android (und damit Google) weitergeben. Welche Wahl der Hersteller trifft, ist abhängig von seiner taktischen Domänen-Strategie und welchen Wert er in diesen Daten sieht. (Anmerkung meinerseits: Den Wert dieser Daten würde ich als Hersteller nicht unterschätzen)

7. Fazit und Handlungsempfehlungen

Anstatt blind jedem Hype zu folgen, sollten wir uns auf das Wesentliche konzentrieren: die Lieferung von hochwertiger Software, die den Geschäftswert steigert. Der Begriff „Plattform“ mag in manchen Fällen zutreffend sein, sollte aber nicht inflationär verwendet werden, um eigene Lösungen zu pushen.

Folgende Handlungsempfehlungen können helfen, den Plattform-Hype einzudämmen:

  • Klare Definitionen: Unternehmen und Teams sollten sich auf eine klare Definition des Begriffs „Plattform“ einigen.
  • Fokus auf den Mehrwert: Der Fokus sollte auf dem Nutzen für das Unternehmen und die Kunden gelegt werden, nicht auf dem bloßen Vorhandensein einer Plattform.
  • Kritische Prüfung: Vor dem Aufbau einer neuen Plattform sollte deren Notwendigkeit und Nutzen kritisch hinterfragt werden.

8. Meine Erfahrungen und Schlussfolgerungen

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der inflationäre Gebrauch des Begriffs „Plattform“ zu Missverständnissen und unnötigen Kosten führen kann. Daher lege ich großen Wert auf eine klare Definition des Begriffs und fokussiere mich auf den Mehrwert, den unsere Lösungen für unsere Kunden bieten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Plattform-Hype kritisch betrachtet werden sollte. Der Begriff „Plattform“ sollte nicht inflationär verwendet werden, um eigene Lösungen zu pushen. Stattdessen sollten Unternehmen und Teams sich auf das Wesentliche konzentrieren: die Lieferung von hochwertiger Software, die den Geschäftswert steigert.